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interview : Tatort Fußball Stadion 2

“Tatort Stadion 2“, heisst die Wanderausstelllung zum Thema Diskriminierung im Fußball, die vom 10. – 21. März in der Galerie der Volkshochschule halt gemacht hat. Begleitet wird sie von verschiedenen Veranstaltungen, die sich über beide Wochen verteilen. Nach der Eröffnungsveranstaltung, die am Montag den 10.3 stattfand, folgte am Abend darauf eine Diskussion in lockerer Atmosphäre zum Thema Diskriminierung im Fußball. Begleitet wurde dieses Interview von M. Llopis et F. Desigaux.

Anwesend waren Christian Streich (ein ehemaliger Fußballspieler und seit Dezember 2011 Trainer der Bundesligamannschaft des SC Freiburg) und Karim Guédé (seit Januar 2012 beim SC Freiburg unter Vertrag und wird meistens im Sturm eingesetzt). Beide wollen geduzt werden, und schnell fällt auf: Dies wird eine unkomplizierte und ehrliche Gesprächsrunde über ein Thema, das viele beschäftigt.

“Diskriminierung bedeutet für mich aufgrund eines anderen Aussehens oder anderer Gedanken nicht akzeptiert zu werden. Egal ob auf Seite der Fans oder der Spieler. Es ist ein sehr sensibles Thema“, mit dieser persönlichen Definition von Guédé ist die Runde eröffnet und Streich fügt hinzu: “Auch damals gab es schon Diskriminierung, jedoch wurde alles offener Ausgelegt und weniger kritisiert“.

Karim Guédé ist in Hamburg geboren. Er spielt Fußball seit er laufen kann und seine Karriere hat auf dem Bolzplatz angefangen. Da Hamburg eine große Stadt mit vielen verschiedenen Kulturen ist, existierte etwas wie Diskriminierung für ihn damals nicht.

Zur Saison 2006/2007 wechselte er in die Slowakei zum FC Bratislava. Es war eine große Umstellung für ihn, denn dort hatte er weder Freunde noch Familie. Doch er erlernte die Sprache schnell und bewies auch beim spielen Teamgeist. Aufgrund dessen gewann er schnell Akzeptanz sowohl beim Trainer, als auch bei seinen Mitspielern und bei den Fans. Dennoch wurde er aufgrund seiner Hautfarbe manchmal beschimpft oder beleidigt. “ Ich konzentriere mich auf das Spiel und gebe nicht auf, denn genau das wollen diese Menschen doch erreichen“, sagt er und betont dabei immer wieder sein Unverständnis gegenüber solchen Fans, die sich zum Teil auch untereinander sogar mit Feuerkörpern und Stühlen beschmeissen.

“Ich bin für Peace“, sagt er und bringt trotz des ernsten Themas das Publikum zum lachen.

Christian Streich fällt es als Trainer nicht so leicht solche Beschimpfungen aus dem Publikum auszublenden, auch er hat kein Verständnis dafür und ist von rassistischen Liedern oder Affengeräuschen sichtlich genervt. In seinen Augen sind besonders Jugendliche sehr leicht beeinflussbar. Sie tun dies vielleicht zum Frustabbau oder für Aufmerksamkeit, ihnen fehlt die nötige Aufklärung. Guédé  fügt hinzu, dass auch die Umgebung einen sehr großen Faktor spielt. “ Hamburg zum Beispiel ist Multikulti. Da fallen alle rassistischen Diskriminierungen automatisch weg.“

Daraufhin wird von den Moderatoren auf ein Bild hingewiesen, dass während einem Spiel des SC Freiburg gemacht wurde. Im Hintergrund wird von den Fans ein Schild hochgehoben, auf dem eine durchgestrichene Frau mit nur einem Bein erkennbar ist. Christian Streich empfindet dies als sehr ungewöhnlich, da das Bild nicht nur Frauen sondern auch Behinderte diskriminiert. Leider ist jedoch diese Form der Diskriminierung, auch heute noch aktuell, da Frauen es  immer noch schwer haben in den Fußball integriert zu werden.

Schnell wirft sich die Frage auf, ob es Konflikte auch bei den Spielern des SCF untereinander gibt. Streich sagt dazu, dass es natürlich Auseinandersetzungen gibt, es sich dabei jedoch nicht um einen konstanten Zustand handelt da sie schnell gelöst werden können. “Es kommt vor allem auch darauf an, wie man das Gemeinsam erlebt“, fügt er hinzu und will damit sagen, dass es wichtig ist jedem eine Chance zu geben und ihn nicht als Fremd anzusehen.

“Man sollte den Spielern ein Gefühl von Ersatzheimat geben“, das sei sehr wichtig.

Für Streich ist die Sprache nebensächlich. Er sagt, dass man die wirkliche Anerkennung schon durch das Miteinander spielen bekomme.

Als nächstes werden die beiden Spieler mit dem Spruch “Fußball verbindet“ konfrontiert.

Für Guédé verbindet kein anderer Sport wie Fußball die Menschen so sehr miteinander. Streich fügt hinzu, dass Fußball ein einziges Chaos aus unkontrollierbaren Emotionen ist. Es ist elektrisierend und atemberaubend. Karim Guédé erinnert sich an die WM 2006 in Deutschland.

“Alle Nationen waren hier versammelt. Dieser Moment war einzigartig. Deutschland war nur am feiern“. Die Menge lacht und Streich ergänzt, dass vor allem die gemeinsamen Erlebnisse -egal ob bei den Fans oder bei den Spielern- zusammenschweißen.

Der Moderator kontert jedoch mit dem Argument, dass auch viel Gewalt und Aggressivität herrschte. Guédé erwidert dazu, dass man sich dies wie bei einer Münze vorstellen muss: Es gibt eben beide Seiten -Kopf und Zahl. Doch für ihn überwiegen eindeutig die guten Momente.

Mitunter auch aus aktuellem Anlass, wird das Outing von Thomas Hitzlsperger angesprochen und damit das Thema Homosexualität.

Karim Guédé hat eine konkrete Meinung zu diesem Thema: “Wenn er es ist, dann ist er es. Man muss das nicht laut sagen oder sich “outen“. Man kann doch trotz  Homosexualität seine Liebe zum Sport ausleben.“ Homosexualität löst Angst und Panik aus. Christian Streichs Meinung dazu: “Das ist doch völlig abstrus!“. Er sagt, dass es Homosexualität schon immer gab und nicht erst seit ein paar Monaten, zu seiner Zeit wurde man darüber nicht aufgeklärt und somit blieb dieses Thema im wahrsten Sinne des Wortes unsichtbar. “Nichts gesehen, nichts erlebt“, sagt er und scheint verärgert über das damalige Verhalten der Gesellschaft gegenüber diesem Thema. Beide empfinden Hitzlspergers Outing als sehr mutig. Ihrer Meinung nach wollte er etwas verändern und die Menschen über dieses Thema aufklären, denn es ist Zeit damit umgehen zu können und jeden zu akzeptieren egal was für eine sexuelle Orientierung er hat.

Damit ist dieses Thema für den Moment abgeschlossen und wir wenden uns abschließend zu der Frage: Was ist für euch Heimat?

Christian Streich begann beim Freiburger FC. Eine Zeit lang spielte er er bei den Stuttgarter Kickern doch er kehrte zurück.

“Meine Heimat ist Freiburg, denn hier versteht jeder meinen Dialekt“.

Karim Guédé erklärt: “ Heimat ist in meinem Herzen und da wo ich mich wohlfühle.“

Und damit ist das Interview zu Ende. Anschließend wurde das Publikum und die Spieler dazu aufgefordert ein Gruppenbild mit schon vorbereiteten Plakaten zu machen um dieses als Zeichen von Unterstützung und Mitgefühl an einen Mann zu versenden, der gegen Homophobie kämpfte, krankenhausreif geprügelt wurde und nun im Koma liegt. Alle waren ohne zu zögern einverstanden und während man anschließend den Abend mit einem Buffet und einem auf Leinwand projizierten Fußballspiel ausklingen ließ überkam einem doch das Gefühl von Zusammenhalt.

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